Keine Zulassung trotz Besserung: Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit zählen – auch rückblickend!

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 08.04.2025 die Beschwerde einer Schaustellerin zurückgewiesen, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ihre Zulassung zum kommunalen Volksfest „Augsburger Frühjahrsplärrer 2025“ erstreiten wollte. Die Entscheidung enthält grundlegende Ausführungen zur Bewertung der Kriterien „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“ bei kommunalen Auswahlentscheidungen und zur Berücksichtigungsfähigkeit lebensmittelrechtlicher Beanstandungen.

Sachverhalt

Die Antragstellerin hatte sich mit einem Süßwarenverkaufsstand um eine Teilnahme am Augsburger Frühjahrsplärrer beworben. Ihre Bewerbung wurde mit Verweis auf begrenzte Platzverhältnisse und eine schlechtere Bewertung gegenüber anderen Bewerbern abgelehnt. Beim Kriterium „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“ (Kriterium O) erhielt sie lediglich 5 von 20 möglichen Punkten, da bei einer Veranstaltung im Jahr 2023 erhebliche lebensmittelrechtliche Mängel festgestellt worden waren. Die Antragstellerin hielt diese Bewertung für fehlerhaft und begehrte im Wege des § 123 VwGO ihre Zulassung im einstweiligen Rechtsschutz.

Rechtliche Würdigung des Gerichts

Der VGH bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des VG Augsburg (Beschluss vom 11.03.2025 – Au 7 E 25.286) und führte aus, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Anordnungsanspruchs unbegründet sei. Das Auswahlermessen der Antragsgegnerin sei fehlerfrei ausgeübt worden. Die Vergabeentscheidung beruhe auf einem durch § 5 Abs. 3 Satz 2 der städtischen Plärrer-Satzung gedeckten Punktesystem mit 16 Bewertungskriterien, wobei das Kriterium „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“ explizit die Bewährung auf früheren Veranstaltungen voraussetze.

Der Senat stellt klar, dass es sich bei der Punktevergabe nicht um ein reines „Zählkriterium“ handle. Die bloße Anzahl der Teilnahmen genüge nicht; vielmehr sei für eine Höchstbewertung ein beanstandungsfreier Ablauf der früheren Veranstaltungen erforderlich. Die Auslegung der Bewertungskriterien durch die Stadt Augsburg, die inhaltlich zwischen der Anzahl der Teilnahmen (Kriterium „Volksfesterfahrung“) und dem Verhalten (Kriterium „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“) unterscheidet, sei sachgerecht und auslegungskonform.

Die Feststellung lebensmittelrechtlicher Mängel im Jahr 2023 sei geeignet gewesen, Zweifel an der Zuverlässigkeit zu begründen. Der Einwand, die Mängel seien inzwischen abgestellt worden, sei unerheblich. Denn maßgeblich sei nicht der gegenwärtige Zustand, sondern das vergangene Verhalten („Bewährung“). Die Auslegung des Bewertungskriteriums O stehe im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und sei nicht willkürlich oder sachfremd erfolgt.

Auch dem Transparenzgebot sei Genüge getan: Dass die Bewertungsspielräume nicht in jedem Detail vorgegeben seien, sei dem Charakter ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften im Bereich der Veranstaltungsvergabe immanent.

Die Entscheidung sei insbesondere auch mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vereinbar, da die Einschränkung durch sachliche Gründe getragen und verhältnismäßig sei. Die Herabstufung aufgrund erheblicher, im lebensmittelrechtlichen Bereich relevanter Mängel sei geeignet, erforderlich und angemessen zur Sicherstellung eines reibungslosen und hygienischen Veranstaltungsbetriebs.

Empfehlung für Veranstaltungsbeschicker

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Veranstalter berechtigt sind, auch einmalige, aber gravierende Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften bei der Auswahl von Teilnehmern zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist die „Bewährung“ im Sinne beanstandungsfreier Teilnahme in der Vergangenheit. Abgestellte Mängel können bei der Bewertung unbeachtlich bleiben, solange der ursprüngliche Verstoß als gravierend einzustufen ist.

Unser Rat

Schausteller und Gewerbetreibende sollten nicht nur auf langjährige Teilnahmeerfahrungen setzen, sondern insbesondere auf nachvollziehbare Nachweise eines beanstandungsfreien Betriebs achten. Reagieren Sie frühzeitig auf etwaige Mängelberichte und dokumentieren Sie umfassend die Abstellung von Beanstandungen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Aufarbeitung behördlicher Vorwürfe, bei der Kommunikation mit Veranstaltern sowie bei der gerichtlichen Geltendmachung Ihrer Rechte.

Kontaktieren Sie AVANTCORE Rechtsanwälte – wir vertreten Sie kompetent im öffentlichen Veranstaltungs- und Gewerberecht.