Der EuGH hat am 27.02.2025 in der Rechtssache C-517/23 entschieden, dass bestimmte Werbeaktionen für verschreibungspflichtige Arzneimittel unter den Begriff der „Werbung für Arzneimittel“ im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG fallen können.

Wesentliche Punkte des Urteils des Europäischen Gerichtshofs
1. Definition von Werbung für Arzneimittel
    • Der EuGH stellte klar, dass jede Maßnahme, die darauf abzielt, die Verschreibung, Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern, als „Werbung“ im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG gilt.
    • Werbeaktionen, die sich nur darauf beziehen, bei welcher Apotheke ein Kunde sein verschreibungspflichtiges Arzneimittel kauft, fallen nicht darunter.
2. Unterscheidung zwischen Preisnachlässen und Gutscheinen
    • Unmittelbare Preisnachlässe oder Zahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente fallen nicht unter den Begriff der Werbung für Arzneimittel.
    • Werbegaben in Form von Gutscheinen, die für den späteren Kauf weiterer Produkte (z. B. nicht verschreibungspflichtige Medikamente oder Gesundheitsprodukte) genutzt werden können, stellen hingegen Werbung dar.
3. Vereinbarkeit mit dem EU-Recht
    • Die deutsche Regelung, die Gutscheine für den späteren Kauf weiterer Produkte verbietet, wird als mit der Richtlinie 2001/83/EG vereinbar angesehen.
    • Eine nationale Regelung, die Werbung mit Preisnachlässen und Zahlungen erlaubt, wird hingegen nicht ausdrücklich für unvereinbar erklärt.
4. Freier Waren- und Dienstleistungsverkehr (Art. 34 AEUV & Richtlinie 2000/31/EG)
    • Das Verbot von Werbeaktionen mit nicht genau spezifizierten Geldprämien (z. B. 2,50–20 Euro für Rezept-Einsendung) wird als mit dem Verbraucherschutz gerechtfertigt und damit als zulässig eingestuft.
Konsequenzen für die Praxis
1. Versandapotheken und Werbeaktionen
    • Preisnachlässe oder Zahlungen direkt auf verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nicht als Werbung zu werten und damit eher zulässig.
    • Gutscheine für den nachfolgenden Kauf anderer Produkte unterliegen dagegen den strengen Werbevorgaben der EU-Richtlinie 2001/83/EG.
2. Rechts- und Wettbewerbsstrategie für Apotheken
    • Apotheken, insbesondere Versandapotheken, müssen ihre Rabatt- und Werbestrategien präzise gestalten, um nicht gegen nationale oder europäische Vorschriften zu verstoßen.
    • Ein Verbot von Gutscheinmodellen für nicht verschreibungspflichtige Produkte ist durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt und kann durch nationale Behörden durchgesetzt werden.
3. Zukünftige rechtliche Entwicklungen
    • Weitere Anpassungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) könnten erforderlich sein, insbesondere im Hinblick auf die Online-Werbung und den elektronischen Geschäftsverkehr.
    • Marktteilnehmer sollten Werbekonzepte regelmäßig juristisch prüfen, um kostspielige Abmahnungen oder Schadensersatzforderungen zu vermeiden.
 

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