Die Anmeldung einer Farbmarke ist oft schwieriger als gedacht, insbesondere wenn es sich um alltägliche Farben handelt. Eine aktuelle Entscheidung des EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) zeigt anschaulich, welche Hürden bei der Eintragung einer Farbmarke als Unionsmarke bestehen.
Der Fall: Farbmarke „Verkehrsrot“ für Schubladenführungen
Die Fulterer AG & Co KG mit Sitz in Österreich hatte beim EUIPO die Eintragung der Farbe RAL 3020 – ein kräftiges Verkehrsrot – als Unionsmarke beantragt. Die Farbmarke sollte für verschiedene Schubladensysteme und Möbelkomponenten in den Klassen 6 und 20 gelten, und ausschließlich für gewerbliche Abnehmer bestimmt sein. Die Bauteile, insbesondere aus Metall oder Kunststoff, sollten durch die rote Farbgebung eine eindeutige Markenidentität erhalten.
Das Amt wies die Anmeldung jedoch zurück. Begründet wurde dies mit dem Fehlen der Unterscheidungskraft im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. b der Unionsmarkenverordnung (UMV).
Was ist Unterscheidungskraft – und warum fehlt sie hier?
Die Unterscheidungskraft ist das zentrale Kriterium jeder Markeneintragung. Sie bedeutet, dass ein Zeichen (etwa eine Farbe) geeignet sein muss, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Farben als solche sind jedoch in der Regel nicht unterscheidungskräftig, es sei denn, sie weichen deutlich von der Branchenüblichkeit ab oder haben sich durch intensive Benutzung am Markt als Herkunftshinweis etabliert.
Im Fall „Verkehrsrot“ sah das Amt keine solche Besonderheit. Vielmehr handelt es sich nach Ansicht der Prüfer um eine alltägliche, weithin verwendete Farbe. Sie ist aus dem Straßenverkehr bekannt, wird als Warnfarbe eingesetzt und hat insbesondere im industriellen Bereich eine funktionale Bedeutung – etwa zur Signalwirkung oder Gefahrenkennzeichnung.
Argumente der Anmelderin: Marktverhalten und Branchenpraxis
Die Anmelderin hatte in ihrer Stellungnahme betont, dass die rote Farbe bewusst an bestimmten Bauteilen verwendet wird, um sich optisch von den üblichen Metallfarben (Silber, Grau) abzuheben. Sie führte zudem an, dass Wettbewerber ebenfalls bestimmte Farben für ihre Produkte nutzen: etwa GRASS GmbH (Grün), Accuride (Blau) oder Julius Blum GmbH (Orange).
Diese Argumentation konnte das Amt jedoch nicht überzeugen. Die Tatsache, dass Marktteilnehmer Farben zur optischen Differenzierung einsetzen, sei kein Beleg für die herkunftshinweisende Funktion der Farbe. Vielmehr spreche dies eher für eine Branchenübung – aber nicht für die Einzigartigkeit oder Originalität des Farbtons selbst.
Ein zentraler Punkt: Die Marke wurde rein als Farbton (RAL 3020) angemeldet, also ohne grafische Elemente oder Kombinationswirkungen. Ein solcher Farbton sei jedoch nicht geeignet, als eigenständiges Markenzeichen wahrgenommen zu werden – insbesondere von einem breiten Publikum in der gesamten EU, das die Anmelderin nicht zwingend kennt.
Die Entscheidung: Keine Eintragung
Das EUIPO lehnte die Eintragung der Farbmarke folglich vollständig ab. Es sei nicht ersichtlich, dass der Farbton „Verkehrsrot“ in irgendeiner Weise herkunftshinweisend sei. Vielmehr diene die Farbe einem funktionalen oder dekorativen Zweck, etwa zur besseren Sichtbarkeit der Bauteile. Auch eine sogenannte Verkehrsdurchsetzung, also die nachweisbare Gewöhnung des Verkehrs an die Farbe als Marke, hatte die Anmelderin nicht geltend gemacht.
Das Unternehmen kann gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen.
Fazit
Der Fall zeigt exemplarisch, wie schwer es ist, eine konturlose Farbe als Marke eintragen zu lassen. Besonders bei gebräuchlichen Farben müssen Unternehmen sehr genau darlegen, warum gerade dieser Farbton eine herkunftshinweisende Funktion erfüllt.
Unsere Praxistipps für Markenanmelder:
1. Vermeiden Sie Standardfarben: Wählen Sie möglichst originelle oder ungewöhnliche Farbkombinationen, um eine größere Unterscheidungskraft zu erzielen.
2. Kombinieren Sie Farben mit grafischen Elementen: Eine reine Farbe ohne Form, Text oder Design ist schwer als Marke zu schützen.
3. Bereiten Sie Nachweise vor: Wenn eine Farbe am Markt bereits für Ihr Unternehmen steht, dokumentieren Sie diese Nutzung systematisch (z.B. durch Marktforschung, Umsatzdaten, Kundenbefragungen).
Die erfahrenen Rechtsanwälte im Markenrecht von AVANTCORE beraten und vertreten wir Unternehmen umfassend bei der Anmeldung und Durchsetzung ihrer Markenrechte. Ob Wortmarke, Bildmarke oder Farbmarke – sprechen Sie uns gerne an.