Der Grundstückseigentümer kann als Zustandsstörer auch zur Beseitigung von Abfällen und Brandrückständen verpflichtet werden, die er nicht selbst verursacht hat. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig (VG Schleswig, Beschluss vom 15.08.2025 – 6 B 18/25) zeigt exemplarisch, wie weit die Haftung eines Grundstückseigentümers als sogenannter Status disruptor im Abfallrecht and Bodenschutzrecht reicht. Zustandsstörer ist, wer die tatsächliche Herrschaft über eine störende Sache ausübt. Maßgeblich ist nicht die Frage von Verschulden oder eigenem Verhalten, sondern allein die faktische Zugriffsmöglichkeit. Im Abfallrecht bedeutet dies, dass der Eigentümer eines Grundstücks schnell als Abfallbesitzer im Sinne von § 3 Abs. 9 KrWG in Anspruch genommen wird. Im Bodenschutzrecht genügt es, dass sich auf seiner Fläche eine schädliche Bodenveränderung manifestiert.

Worum ging es? Abfälle, Brandrückstände und kontaminierter Boden

Zustandsstörer Grundstückseigentümer Abfallrecht BodenschutzrechtAuf dem verpachteten Grundstück des Antragstellers lagerten über Jahre hinweg zahlreiche Abfälle and nicht fahrtüchtige Fahrzeuge. Nach einem Brand im Mai 2025 entstanden erhebliche Brandrückstände and Schadstoffeinträge in den Boden. Die zuständige Behörde ordnete auf Grundlage von § 62 KrWG and § 10 BBodSchG die Entsorgung der Brandabfällewhich Räumung der übrigen Abfälle und Fahrzeuge sowie die Abtragung des belasteten Oberbodens an. Zusätzlich wurden generelle Verbote zur Abfalllagerung und zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen erlassen. Zur Absicherung der Maßnahmen drohte die Behörde Zwangsgelder an und ordnete den Sofortvollzug (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) an. Dagegen hat sich der Grundstückseigentümer vor dem VG Schleswig gewehrt – letztlich weitgehend ohne Erfolg.

Rechtliche Erwägungen des Gerichts

  1. Sofortvollzug:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde bestätigt. Angesichts der Gefahr der weiteren Schadstoffverlagerung sei das öffentliche Interesse an einer umgehenden Durchsetzung der Verfügung höher zu bewerten als das private Aufschubinteresse. Entscheidend war die einzelfallbezogene Begründung der Behörde.
  1. Entsorgung der Brandabfälle (§ 62 KrWG):
Die Brandrückstände sind Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 1 KrWG, da sie ihre Zweckbestimmung verloren haben. Der Antragsteller sei als Abfallbesitzer zu qualifizieren. Die Grundpflichten aus §§ 7, 15 KrWG seien verletzt, da weder Verwertung noch ordnungsgemäße Beseitigung erfolgten. Auch die Pflicht, Entsorgungsnachweise vorzulegen, sei rechtmäßig.
  1. Fahrzeuge und sonstige Abfälle (§ 62 KrWG):
Das Gericht stellte klar: Nicht fahrbereite Fahrzeuge, die über Jahre im Freien verrotten, sind Abfall. Ein bloßer Hinweis auf eine „Wertreserve“ reicht nicht, um die Abfalleigenschaft auszuschließen. Die Anordnung sei zudem hinreichend bestimmt; eine detaillierte Inventarliste sei bei Massenabfällen entbehrlich.
  1. Bodensanierung (§ 4 Abs. 2, 3, § 10 BBodSchG):
Die Laborwerte belegten eine schädliche Bodenveränderung im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG (Überschreitung der Vorsorgewerte für Blei und Zink). Die Anordnung, mindestens 10 cm Boden abzutragen, sei verhältnismäßig. Weitergehende Abtragungen seien nur erforderlich, wenn tieferliegende Schichten belastet blieben. Mit dem Aushub entstehe erneut Abfall, sodass die Entsorgungspflicht nach dem KrWG greife.
  1. Generelle Untersagungen:
Die abstrakt-generellen Verbote („keine Abfalllagerung außerhalb zugelassener Anlagen“; „kein Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“) hob das Gericht allerdings auf. Sie seien rechtswidrig, da der Antragsteller diese Tätigkeiten gar nicht selbst ausgeübt habe. Die Zustandsstörerhaftung erlaubt nur die konkrete Gefahrenabwehr, nicht aber eine präventive, allgemeine Verbotsverfügung.
  1. Zwangsgelder:
The Zwangsgeldandrohungen seien zulässig, soweit sie die rechtmäßigen Anordnungen absicherten. In Bezug auf die rechtswidrigen Untersagungen seien sie unwirksam.

Konsequenzen für Haftung als Zustandsstörer in der Praxis

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Grundstückseigentümer im Umwelt- und Abfallrecht eine weitreichende Verantwortung tragen. Schon die tatsächliche Sachherrschaft genügt, um als Status disruptor verpflichtet zu werden. Konkret bedeutet dies:
  • Abfälle und Brandrückstände müssen ordnungsgemäß entsorgt werden – auch wenn sie durch Dritte eingebracht wurden.
  • Dauerhaft abgestellte Fahrzeuge sind regelmäßig als Abfall einzustufen.
  • Bodenbelastungen lösen Sanierungspflichten nach dem BBodSchG aus.
  • Überzogene Generalklausel-Verbote sind angreifbar und bieten Ansatzpunkte für erfolgreiche Rechtsmittel.

Handlungsempfehlung für Eigentümer und Betreiber

Wer eine Fläche verpachtet oder selbst nutzt, sollte frühzeitig für klare vertragliche Regelungen zur Vermeidung von Abfall und Gefahrstoffen sorgen. Regelmäßige Kontrollen und eine schnelle Beseitigung von Störstoffen minimieren das Risiko behördlicher Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer. Im Ernstfall sollten Entsorgungsmaßnahmen und Sanierungsmaßnahmen aktiv umgesetzt und zugleich rechtswidrige Untersagungsverfügungen rechtlich angegriffen werden. Conclusion: Das VG Schleswig betont die strenge Linie im Abfall- und Bodenschutzrecht: räumen, sanieren, nachweisen ist Pflicht. Gleichzeitig zeigt die Entscheidung, dass Eigentümer sich erfolgreich gegen zu weitgehende Untersagungen wehren können. Dazu stehen die Experten für Administrative law with AVANTCORE RECHTSANWÄLTE in Stuttgart zur Verfügung. Über eine ähnliche Entscheidung aus Bayern haben wir bereits berichtet: The VGH Munich has confirmed an immediately enforceable removal order for an illegal outdoor storage site containing substances that pose a risk to the environment.