Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Vertrieb apothekenpflichtiger Arzneimittel über die Plattform „Amazon-Marketplace“ rechtswidrig ist, wenn Kunden im Rahmen des Bestellvorgangs keine ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten erteilen.

Der BGH stellt mit Urteil vom 27.03.2025 – I ZR 222/19 klar: Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gilt auch im Wettbewerbsverhältnis als Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.

Kernaussagen des Urteils:

  • Datenschutzverstoß: Die beim Bestellvorgang auf Amazon erhobenen Daten – wie Name, Adresse und bestellte Arzneimittel – gelten als Gesundheitsdaten i.S.d. Art. 9 DSGVO. Ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Personen ist deren Verarbeitung unzulässig.
  • Verantwortlichkeit des Apothekers: Nicht Amazon, sondern der Apotheker selbst bringt die Arzneimittel in den Verkehr (§ 43 AMG). Amazon ist insoweit als „Beauftragter“ des Apothekers anzusehen (§ 8 Abs. 2 UWG), so dass Datenschutzverstöße im Rahmen des Verkaufsprozesses dem Apotheker zuzurechnen sind.
  • Marktverhaltensregel: Die datenschutzrechtlichen Anforderungen (insb. Art. 9 DSGVO) stellen Marktverhaltensregelungen dar. Ein Verstoß begründet daher wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche durch Mitbewerber.
  • Kein konkludentes Einverständnis: Die Einwilligung in die Datenverarbeitung muss ausdrücklich erfolgen. Ein bloßer Kaufvorgang oder allgemeine Nutzungsbedingungen genügen nicht.
  • Ordnungsmittel und Auskunftspflicht: Dem Apotheker wurde bei Verstoß ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € angedroht. Zudem wurde er zur Auskunft über den Umfang der rechtswidrigen Bestellungen und zur Schadensersatzleistung verpflichtet.

 

Rechtliche Einschätzung und Empfehlung:

Das Urteil setzt klare Maßstäbe für den Online-Vertrieb apothekenpflichtiger Medikamente – insbesondere in Bezug auf datenschutzrechtliche Einwilligungen. Für Apotheker, Versandhändler, Plattformanbieter sowie E-Commerce-Unternehmen im Gesundheitsbereich besteht akuter Handlungsbedarf.

Wir empfehlen:

  • Überprüfung bestehender Online-Vertriebskanäle: Jede Plattformlösung (auch Amazon, eBay, u. ä.) ist auf die datenschutzkonforme Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu prüfen.
  • Implementierung wirksamer Einwilligungsmechanismen: Die ausdrückliche Zustimmung der Kunden zur Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten muss vor Vertragsabschluss eingeholt und dokumentiert werden.
  • Vertragsgestaltung mit Plattformen überarbeiten: Die rechtliche Verantwortlichkeit für datenschutzkonforme Prozesse sollte eindeutig geregelt und gegebenenfalls technische Maßnahmen zur Datenerhebung angepasst werden.
  • Risikomanagement im Blick behalten: Verstöße können zu Abmahnungen durch Wettbewerber, Bußgeldern durch Datenschutzbehörden und zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen führen.

 

AVANTCORE Rechtsanwälte unterstützen Apotheken, Online-Händler und Plattformbetreiber bei der Umsetzung datenschutzkonformer Vertriebslösungen und der rechtssicheren Gestaltung von Online-Handelsmodellen im Gesundheitswesen. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung.