Das VG Karlsruhe hat die rückwirkende Verlängerung einer bergrechtlichen Erlaubnis ausgeschlossen. Die Verlängerung einer Aufsuchungserlaubnis für die Nutzung von Geothermie muss rechtzeitig neu beantragt werden, um Rechtsverluste zu vermeiden.

Aufsuchungserlaubnis bergrechtliche Erlaubnis Geothermie ErdwärmeDie Nutzung von Erdwärme gilt als einer der Schlüssel zur Wärmewende in Deutschland. Bereits heute liefern über 300.000 Anlagen rund 16 Terawattstunden Wärme jährlich – mit dem Potenzial, bis 2030 rund 10 % des deutschen Wärmebedarfs klimaneutral zu decken. Geothermie bietet nicht nur eine nahezu unbegrenzte, CO₂-freie Energiequelle, sondern auch Versorgungssicherheit für Städte und Kommunen.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juli 2025 (Az. 3 K 3065/23) ein Weckruf für die gesamte Branche. Die Entscheidung betrifft unmittelbar die Verlängerung von Bergbauberechtigungen, zu denen auch die Aufsuchungserlaubnis gehört, und stellt klar: Eine rückwirkende Verlängerung ist ausgeschlossen, auch wenn der Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt wurde. Unternehmen riskieren damit den vollständigen Verlust ihrer Erlaubnis – mit potenziell millionenschweren Folgen.

Worum ging es? Streit um Aufsuchungserlaubnis für Erdwärme in Karlsruhe

Ein Energieunternehmen erhielt 2016 vom Regierungspräsidium Freiburg eine Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärme, Sole und Lithium im Feld „Karlsruhe-Süd“. Diese war mehrfach verlängert worden, zuletzt bis 31. Mai 2021.

  • Mai 2021: Rechtzeitig beantragte das Unternehmen eine weitere Verlängerung um drei Jahre.
  • Mai 2021: Das Umweltministerium wies die Behörde auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hin, wonach eine bergrechtliche Bewilligung mit Ablauf erlischt – selbst bei rechtzeitig gestelltem Verlängerungsantrag.
  • Juli 2021: Die Verwaltungspraxis wurde kurzfristig geändert; eine rückwirkende Verlängerung der Aufsuchungserlaubnis wurde ausgeschlossen.
  • August 2021: Das Unternehmen stellte einen Neuantrag. Parallel beantragte ein Konkurrent ein angrenzendes Feld („Karlsruhe-Rheinhafen“).
  • Juli 2023: Die Behörde lehnte die Verlängerung ab, erteilte eine neue, verkleinerte Erlaubnis und gab dem Konkurrenzunternehmen Vorrang.

Das Unternehmen klagte, um die ursprüngliche Erlaubnis rückwirkend zu verlängern und die Konkurrenzentscheidung aufheben zu lassen – ohne Erfolg.

Rechtliche Erwägungen des Gerichts

Das VG Karlsruhe wies die Klage vollständig ab und traf mehrere für die Praxis zentrale Feststellungen:

Schriftformerfordernis bei Antrag und Rücknahme
  • Nach § 10 BBergG ist sowohl der Antrag als auch eine Rücknahme schriftlich einzureichen.
  • Eine einfache E-Mail genügt nicht.
  • Das Unternehmen habe seinen Verlängerungsantrag nicht wirksam zurückgenommen, dennoch ändere dies nichts am Erlöschen der Erlaubnis.
Materiell-rechtliche Frist – kein Anspruch auf rückwirkende Verlängerung
  • Nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BBergG erlischt die Aufsuchungserlaubnis mit Ablauf der Befristung.
  • Selbst ein vor Fristablauf gestellter Antrag kann die Rechtswirkung nicht erhalten.
  • Dies gilt analog zur bergrechtlichen Bewilligung und dient dem öffentlichen Interesse an einer zügigen, effektiven Rohstofferschließung.
  • Auch verfassungsrechtlich ist dies zulässig: Weder Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) noch Berufsfreiheit (Art. 12 GG) werden verletzt.
Vorrangentscheidung bei konkurrierenden Anträgen
  • Ausschlaggebend für die Entscheidung bei gleichzeitigen Anträgen sind Kriterien wie
    • Sinnhaftigkeit und Realismus des Arbeitsprogramms,
    • bisherige bergbauliche Tätigkeiten,
    • Grundstückszugriff und bestehende Wärmenetze.
  • Das Konkurrenzunternehmen habe hier eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine verbrauchsnahe und zuverlässige Wärmeversorgung geboten.
Kein Vertrauensschutz gegen geänderte Verwaltungspraxis
  • Zwar änderte die Behörde ihre Praxis kurzfristig,
  • dennoch hätte das Unternehmen Eilrechtsschutz beantragen können, um den Rechtsverlust abzuwenden.
  • Die Änderung war sachlich begründet und rechtmäßig.

Bedeutung für die Geothermie-Praxis

Diese Entscheidung ist richtungsweisend für alle Unternehmen, die eine Aufsuchungserlaubnis und/oder Gewinnungserlaubnisse nach dem Bundesberggesetz (BBergG) halten:

  • Verlängerungsanträge müssen nicht nur rechtzeitig gestellt, sondern die Verlängerung muss vor Ablauf der Frist erteilt worden sein.
  • Versäumt die Behörde eine rechtzeitige Entscheidung, erlischt die Erlaubnis automatisch.
  • Ein nachträglicher Rechtsschutz kann den Rechtsverlust nicht mehr ausgleichen.
  • Bei konkurrierenden Anträgen werden ökonomische Leistungsfähigkeit, Grundstückszugriff und bestehende Infrastruktur besonders berücksichtigt.

Das Urteil unterstreicht die politische und rechtliche Bedeutung der Erdwärme als „überragendes öffentliches Interesse“ (§ 2 Abs. 3 Wärmeplanungsgesetz) und fordert eine schnelle und effiziente Vergabe von Berechtigungen zur Förderung der Wärmewende.

Fazit und Empfehlung

Unternehmen, die in der Geothermie oder Rohstoffgewinnung tätig sind, müssen ihre bergrechtlichen Berechtigungen proaktiv sichern. Wir empfehlen:

  • Frühzeitige Antragstellung: Mindestens drei bis sechs Monate vor Fristablauf.
  • Parallel Eilrechtsschutz: Bei drohendem Fristablauf rechtzeitig gerichtliche Sicherung beantragen.
  • Strategische Flächensicherung: Grundstückszugriffe und Infrastruktur (z. B. Fernwärmenetze) langfristig vertraglich absichern.
  • Rechtliche Begleitung: Komplexe Verwaltungsverfahren und Vorrangentscheidungen sollten von spezialisierten Anwälten begleitet werden, um Investitionsrisiken zu minimieren.

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