Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 02.06.2025 – 16 K 4941/22 die nordrhein-westfälische Regulierungspraxis zur Vermittlungserlaubnis im Sportwettenbereich bestätigt.
Rechtliche Grundlagen der Wettvermittlungsstellen-Erlaubnis
Die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Deutschland unterliegt einer strikten gesetzlichen Regulierung. Grundlage ist der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021), der in Verbindung mit den jeweiligen Landesgesetzen – hier dem Ausführungsgesetz zum GlüStV NRW (AG GlüStV NRW) – umfassende Vorgaben für Anbieter setzt.
Für stationäre Wettvermittlungsstellen gilt:
- Sowohl der Veranstalter (also der Inhaber der Sportwettkonzession) als auch der Betreiber (Wettvermittler vor Ort) benötigen eine spezielle glücksspielrechtliche Erlaubnis (§ 13 Abs. 1 AG GlüStV NRW).
- Diese Erlaubnis muss zwingend durch den Veranstalter beantragt werden (§ 13 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW).
- Zudem ist nach § 13 Abs. 3 AG GlüStV NRW die Vermittlung von Sportwetten im Nebengeschäft unzulässig – d.h. sie darf nur im Hauptgeschäft erfolgen.
Ziel dieser Regelungen ist insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht, der Schutz von Minderjährigen und eine geordnete Marktstruktur.
Worum ging es in dem Fall?
Die Klägerin ist eine in Malta ansässige Gesellschaft mit einer bundesweiten Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie ist in die sog. Whitelist des GlüStV 2021 eingetragen und daher berechtigt, sowohl Online-Sportwetten als auch stationäre Angebote zu unterbreiten.
Im April 2022 beantragte die Klägerin bei der Bezirksregierung eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer konkreten stationären Wettvermittlungsstelle in Nordrhein-Westfalen. Diese sollte von einer deutschen GmbH als Wettvermittlerin betrieben werden. Der Antrag wurde – entsprechend den gesetzlichen Vorgaben – durch die Klägerin als Veranstalterin gestellt.
Mit Bescheid vom 7. Juni 2022 erteilte die Bezirksregierung sowohl der Klägerin als auch der benannten Vermittlerin die Erlaubnis zum Betrieb der Wettvermittlungsstelle. Der Bescheid enthielt u.a. folgende Regelungen:
- Ziffer I.1: Der Klägerin werde erlaubt, sich Sportwetten „im Hauptgeschäft vermitteln zu lassen“.
- Ziffer II.6: Die Klägerin sei verpflichtet, bauliche oder räumliche Veränderungen an der Wettvermittlungsstelle spätestens zwei Wochen vor Beginn des Umbaus schriftlich anzuzeigen.
Gegen diese beiden Bestimmungen erhob die Klägerin Klage. Sie vertrat die Auffassung, dass:
- die Bezirksregierung unzuständig sei, weil die Erlaubniserteilung zentralisiert im ländereinheitlichen Verfahren hätte erfolgen müssen;
- die Formulierung „vermitteln lassen“ gesetzlich nicht vorgesehen sei und sie als Veranstalterin nicht Adressatin dieser Erlaubnis hätte sein dürfen;
- das Nebengeschäftsverbot verfassungs- und unionsrechtswidrig sei, da es zu einer faktischen Diskriminierung privater Anbieter gegenüber staatlichen führe;
- die Anzeigepflicht für bauliche Veränderungen unangemessen sei, da die Veranstalterin im Ausland sitze und bauliche Maßnahmen realistisch nur vom örtlichen Vermittler umgesetzt würden.
Im Übrigen erklärte die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich der Kostentragung (Ziffer I.5 des Bescheides) für erledigt, nachdem dieser Punkt im Verwaltungsverfahren bereits aufgehoben worden war.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf: Klageabweisung im Hauptsacheverfahren
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage umfassend geprüft und sie vollständig abgewiesen. Die gerichtliche Begründung lässt sich in vier zentralen Prüfungskomplexen zusammenfassen:
a) Zuständigkeit der Bezirksregierung – keine ländereinheitliche Erlaubnis erforderlich
Die Klägerin hatte geltend gemacht, die Erlaubniserteilung hätte durch die zentrale Glücksspielbehörde der Länder (GGL) erfolgen müssen. Das VG stellte jedoch klar, dass das sogenannte „ländereinheitliche Verfahren“ gemäß § 9a GlüStV 2021 ausschließlich für bestimmte Erlaubnisse – etwa Onlineangebote – gilt, nicht aber für die stationäre Vermittlung von Sportwetten. Die Erlaubniserteilung für stationäre Wettvermittlungsstellen ist landesrechtlich geregelt und in NRW gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 3 AG GlüStV NRW ausdrücklich Aufgabe der Bezirksregierungen.
b) Doppelte Erlaubnispflicht – Veranstalter und Vermittler sind gleichermaßen Adressaten
Die Klägerin bestritt, dass sie als Veranstalterin zusätzlich zur bundesweiten Konzession eine konkrete Erlaubnis für die stationäre Vermittlungsstelle benötige. Dem erteilte das Gericht eine klare Absage:
- § 13 Abs. 1 AG GlüStV NRW verlangt ausdrücklich eine zusätzliche Erlaubnis für jede einzelne stationäre Vermittlungsstelle.
- Diese Erlaubnis ist kumulativ sowohl dem Veranstalter als auch dem Vermittler zu erteilen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 AG GlüStV NRW).
- Antragsteller darf ausschließlich der Veranstalter sein (§ 13 Abs. 2 Satz 2 AG GlüStV NRW).
Der Grund: Die Vermittlungsstelle ist rechtlich und wirtschaftlich in die Vertriebsorganisation des Veranstalters eingebunden (§ 3 Abs. 6 GlüStV 2021). Daher trägt der Veranstalter auch eine Mitverantwortung für deren Betrieb. Diese Ausgestaltung dient der behördlichen Kontrolle und ist sowohl verfassungsrechtlich als auch unionsrechtlich zulässig.
c) Hauptgeschäftsgebot und Nebengeschäftsverbot – kohärent, geeignet, erforderlich
Zentrale rechtliche Streitfrage war das gesetzliche Verbot der Wettvermittlung im Nebengeschäft (§ 13 Abs. 3 AG GlüStV NRW). Die Klägerin hatte argumentiert, dieses sei:
- unverhältnismäßig,
- diskriminierend gegenüber staatlichen Anbietern,
- nicht kohärent mit anderen Glücksspielregelungen,
- und unionsrechtswidrig.
Das VG Düsseldorf lehnte diese Einwände ab. Die Norm verfolge das legitime Ziel, das Glücksspiel nicht „alltagspräsent“ zu machen und suchtpräventiv einzugrenzen. Das Hauptgeschäftsgebot sei dabei geeignet und erforderlich, um die Vermittlung von Sportwetten räumlich und inhaltlich zu kontrollieren. Insbesondere sei es verfassungs- und unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass private Anbieter an strengere Anforderungen gebunden werden als staatliche Stellen – solange das Gesamtkonzept kohärent ist.
Die vermeintlichen Widersprüche zu anderen Glücksspielarten (z. B. Geldspielgeräte in Gaststätten, Pferdewetten, staatliche Lotterien) verwarf das Gericht mit dem Hinweis auf unterschiedliche Gefahrenlagen und Regelungskontexte.
d) Nebenbestimmung zur Anzeigepflicht bei Umbauten – zulässig und verhältnismäßig
Die Klägerin kritisierte auch die Auflage in Ziffer II.6 des Bescheids, wonach sie als Veranstalterin räumliche Veränderungen an der Wettvermittlungsstelle zwei Wochen vorher anzeigen müsse.
Das Gericht stellte hierzu fest:
- Die Verpflichtung diene der Sicherstellung der Anforderungen an Ausstattung, Einsehbarkeit und räumlicher Aufteilung (§ 5 AnVerVO NRW).
- Sie sei sachgerecht an die Veranstalterin gerichtet, da diese den Antrag gestellt habe und verantwortlich bleibt – unabhängig davon, ob der Umbau faktisch vom Vermittler durchgeführt wird.
- Die Formulierung sei ausreichend bestimmt; Begriffe wie „bauliche Veränderung“, „Ausstattung“ oder „Einteilung“ seien durch die Bescheidbegründung hinreichend erläutert.
Auch der Sitz der Klägerin im Ausland entbinde nicht von dieser Pflicht. Eine übermäßige Belastung liege nicht vor.
Fazit: Klare Linie der Verwaltung bestätigt
Das VG Düsseldorf stellt mit dieser Entscheidung klar: Die nordrhein-westfälische Regelung zur Vermittlungserlaubnis im Sportwettenbereich ist sowohl mit nationalem als auch europäischem Recht vereinbar. Weder liegt eine unzulässige Belastung des ausländischen Veranstalters vor noch eine unrechtmäßige Ungleichbehandlung gegenüber staatlichen Anbietern. Die detaillierten Anforderungen an Wettvermittlungsstellen – einschließlich Anzeige- und Hauptgeschäftspflicht – dienen der Sicherstellung einer kohärenten, suchtpräventiven Glücksspielregulierung.
Empfehlung:
Betreiber und Veranstalter von stationären Sportwettstellen sollten frühzeitig fachanwaltlichen Rat einholen – insbesondere bei grenzüberschreitenden Konzernstrukturen. Die rechtlichen Anforderungen sind komplex und werden durch die Glücksspielaufsicht konsequent durchgesetzt. AVANTCORE Rechtsanwälte in Stuttgart unterstützen Sie bei der rechtssicheren Planung, Antragstellung und gerichtlichen Durchsetzung Ihrer Rechte im Glücksspielrecht.