Glücksspielstaatsvertrag 2021: verschärfte Anforderungen an eine Duldung für Spielhallen in NRW
Mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) und dem nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (AG GlüStV NRW) hat der Gesetzgeber die Regulierung von Spielhallen neu justiert und zugleich deutlich verschärft. Im Zentrum stehen das Erlaubniserfordernis, das Mindestabstandsgebot sowie die Qualitätsanforderungen an die Betriebsführung.
Der Spielhallenbetrieb ist gemäß § 24 GlüStV 2021 i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW erlaubnispflichtig; ohne Erlaubnis ist ein Betrieb regelmäßig untersagt. Das OVG NRW stellt klar, dass vor Aufnahme einer erlaubnispflichtigen Gewerbetätigkeit grundsätzlich der vollständige Abschluss des Erlaubnisverfahrens abzuwarten ist.
Eine Duldung für Spielhallen kommt nur in engen, engstens definierten Ausnahmefällen in Betracht – etwa, wenn ein Betreiber offensichtlich alle materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch nur ausnahmsweise denkbar.
Besonders bedeutsam: Die bis zum 30.06.2022 geltenden Übergangsregelungen (§§ 17a, 18 AG GlüStV NRW) sind ausgelaufen. Wer bis zu diesem Stichtag nicht vollständig and rechtzeitig einen Erlaubnisantrag gestellt oder – bei Untätigkeit der Behörde – gerichtlichen Eilrechtsschutz ergriffen hat, verliert den Bestandsschutz unwiderruflich.
Darum ging es genau: Abstandskonkurrenz zweier Standorte in S.
Gegenstand des Beschlusses ist ein Konflikt zwischen zwei Spielhallen in der T.-Straße 20 and T.-Straße 26 in S., deren Abstand lediglich 82,4 m beträgt. Damit greift das strenge Abstandsgebot des § 16 AG GlüStV NRW, wonach nur eine der beiden Hallen eine Erlaubnis erhalten kann.
Die zuständige Behörde traf eine Auswahlentscheidung zugunsten des Betriebs in der T.-Straße 26 und lehnte den Antrag der Antragstellerin ab. Die Antragstellerin begehrte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Duldung ihres Spielhallenbetriebs bis zur erneuten Entscheidung über ihren Erlaubnisantrag. Das Verwaltungsgericht lehnte ab – und das OVG NRW bestätigt diese Entscheidung in seinem Beschluss vom 11.11.2025 (4 B 193/23) in vollem Umfang.
Keine einstweilige Anordnung der Duldung für Spielhallen: Warum das OVG die Beschwerde zurückweist
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Kein Anordnungsanspruch – strenge Voraussetzungen an eine Duldung für Spielhallen
Das OVG betont erneut, dass ein Anspruch auf Duldung für Spielhallen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen besteht. Ein solcher Anspruch wird nur angenommen, wenn
- die Spielhalle die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen offensichtlich erfüllt und
- this ohne weitere vertiefte Prüfung erkennbar ist.
Beides verneint der Senat ausdrücklich.
Darüber hinaus sei die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG nicht verletzt, da der Erlaubnisvorbehalt verfassungsrechtlich unbedenklich sei.
- Kein effektiver Rechtsschutzbedarf – Verspätetes Handeln der Antragstellerin
Der Senat führt mit großer Deutlichkeit aus, dass der Betreiber selbst die rückwirkende Sicherung seines Betriebs durch eine Duldung für Spielhallen vereitelt hat:
- Die Antragstellerin hatte ihren Erlaubnisantrag vom 25.03.2021 zunächst unvollständig eingereicht.
- Nachgeforderte Unterlagen wurden erst am 24.06.2022 nachgereicht.
- Ein entscheidender Bestandteil des Antrags (Grundriss, Nutzflächenberechnung) wurde erst am 29.06.2022 vorgelegt – also einen Tag vor Ablauf der letzten Erlaubnisfortgeltung (§ 18 Abs. 2 AG GlüStV NRW).
Auch ein rechtzeitiger gerichtlicher Schritt nach § 75 VwGO (Untätigkeitsklage) wurde not unternommen. Das Gericht macht unmissverständlich klar, dass die Antragstellerin damit ihre gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft habe.
Konsequenz: Kein Bestandsschutz – keine Duldung für Spielhallen.
Die Auswahlentscheidung: Warum der andere Betrieb zurecht bevorzugt wurde
- Vergleich der Betriebseignung – keine relevanten Unterschiede
Die Behörde hatte die beiden konkurrierenden Betriebe hinsichtlich
- Qualität der Betriebsführung,
- eingehaltene Auflagen,
- Feststellungen aus Betriebsstättenprüfungen,
- Verstöße und Ordnungswidrigkeiten
verglichen – ohne entscheidungserhebliche Unterschiede festzustellen.
Verstöße im Konkurrenzbetrieb aus dem Jahr 2013 dürfen angesichts Zeitablaufs, Tilgung im Gewerbezentralregister und eines Geschäftsführerwechsels im Jahr 2015 nicht negativ bewertet werden. Seit 2018 waren dort keine Beanstandungen mehr vorhanden. Auch im Betrieb der Antragstellerin gab es frühere Verstöße, sodass kein Qualitätsvorteil erkennbar war.
- Unverbindliche Zusagen sind keine geeignete Entscheidungsgrundlage
Besonders praxisrelevant:
Die Antragstellerin hatte zugesichert, künftig u. a.
- das Zutrittsalter auf 21 Jahre zu erhöhen und
- die Zahl der Geldspielgeräte dauerhaft zu reduzieren.
Das OVG bestätigt die Behörde darin, diesen Zusagen kein Gewicht beizumessen. Absichtserklärungen seien Not resilient, da sie jederzeit widerrufen werden könnten und nicht die Qualität vergangener Betriebspraxis ersetzen. Für die Prognoseentscheidung zählt ausschließlich das tatsächliche Verhalten.
- Bestands- und Vertrauensschutz der Konkurrentin
Auch ohne die frühere Härtefallregelung dürfen Bestands- und Vertrauensschutz eine nachrangige Rolle in der Auswahlentscheidung spielen. Hier sprach das Vertrauen klar zugunsten der Konkurrentin:
- Die Spielhalle T.-Straße 26 existierte bereits vor Bekanntwerden des Mindestabstandserfordernisses.
- Die Antragstellerin übernahm ihren Standort erst, als das kommende Mindestabstandsgebot bereits öffentlich absehbar war.
Damit ist das Vertrauen der Konkurrentin deutlich höher zu gewichten.
Einordnung und Bedeutung für die Spielhallenpraxis in NRW
Die Entscheidung verdeutlicht die weiterhin strenge Linie des OVG NRW:
- Eilverfahren sind seit Ablauf der Übergangsfristen kaum noch erfolgreich.
- Betreiber müssen frühzeitig, vollständig und nachweisbar ihre Antragsunterlagen einreichen.
- Wer Fristen versäumt, verliert nicht nur die Erlaubnis – er verliert auch die rechtliche Möglichkeit, eine Duldung für Spielhallen zu erstreiten.
- The Qualität der Betriebsführung ist zentral – Absichtserklärungen spielen nahezu keine Rolle.
- In Abstandskonflikten können Details wie Betriebsdauer and Vertrauensschutz entscheidend sein.
Für die Praxis bedeutet das:
Nicht nur für eine Duldung für Spielhallen wird eine sauber dokumentierte, beanstandungsfreie Betriebspraxis und eine strategische Begleitung benötigt, um Ermessensspielräume der Behörden überhaupt nutzen zu können.
Praxishinweis und Empfehlung für Betreiber: Strategisch handeln – frühzeitig beraten lassen
Betreibern ist dringend anzuraten:
- alle Erlaubnisunterlagen vollständig und frühzeitig einzureichen,
- Untätigkeitsklagen and Eilrechtsschutz rechtzeitig zu prüfen,
- bei Abstandskonflikten eine taktisch durchdachte Argumentationsstrategie zu verfolgen,
- die Betriebsführung lückenlos zu dokumentieren,
- und Maßnahmen zur Erhöhung der Erlaubnisfähigkeit tatsächlich umzusetzen – nicht nur anzukündigen.
Nicht nur im restriktiven nordrhein-westfälischen Rechtsrahmen ist eine spezialisierte verwaltungsrechtliche Beratung entscheidend, um die eigenen Chancen realistisch einschätzen und bestmöglich nutzen zu können.
Wenn Sie selbst von einem Abstandskonflikt betroffen sind oder eine Erlaubnis nach neuem Recht anstreben, beraten Sie die erfahrenen Verwaltungsrechtler von AVANTCORE RECHTSANWÄLTE in Stuttgart gerne individuell und umfassend.
Einen weiteren Artikel zum Thema Glücksspielrecht finden Sie hier:
Glücksspielrechtliche Erlaubnis für stationäre Wettvermittlungsstellen