Die rechtlichen Kernfragen der Entscheidung des OVG NRW zur Festsetzung eines Marktes
Das Oberverwaltungsgericht NRW hat mit Beschluss vom 17.11.2025 (4 B 1206/25) eine für Kommunen wie auch private Veranstalter wichtige Entscheidung zur Festsetzung von Märkten nach §§ 69, 69a GewO getroffen. Im Zentrum steht die Frage, ob Bewerber um die Ausrichtung eines (Weihnachts-)Markts einen Anspruch auf Teilnahme an einem fairen Auswahlverfahren haben – und welche Voraussetzungen ein Festsetzungsantrag zwingend erfüllen muss. Besonders praxisrelevant: Die Pflicht, bereits im Zeitpunkt der Antragstellung die Verfügbarkeit sämtlicher vorgesehenen Veranstaltungsflächen nachzuweisen.
Darum ging es genau: Weihnachtsmarkt auf kirchlichen Flächen – aber ohne Nutzungsrecht
Die Stadt M. erledigt die Durchführung „ihres“ Weihnachtsmarkts für die Jahre 2025 bis 2029 nicht selbst, sondern setzt lediglich auf Antrag privater Dritter einen Markt nach § 69 GewO fest, die diese dann ausführen. Um diese Festsetzung konkurrierten die Antragstellerin und eine Marketinggesellschaft, die bereits in den Vorjahren den Markt organisiert hatte.
Die Antragstellerin plante einen Weihnachtsmarkt unter Einbeziehung mehrerer nicht-städtischer Flächen – insbesondere eines Kirchplatzes – und gab an, die Nutzung sei „vorab abgestimmt“. Tatsächlich bestand jedoch ein fortbestehender Gestattungsvertrag zwischen der Kirchengemeinde und der konkurrierenden Beigeladenen, die dort weiterhin das alleinige Nutzungsrecht innehatte. Einen schriftlichen Nachweis konnte die Antragstellerin nicht vorlegen.
Die Stadt lehnte ihren Antrag auf Festsetzung eines Marktes ab und beabsichtigte, den Markt zugunsten der Beigeladenen festzusetzen. Dagegen beantragte die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz.
Rechtliche Erwägungen: Kein Bewerbungsverfahrensanspruch ohne tragfähigen Antrag auf Festsetzung eines Marktes
Das OVG bestätigt die Entscheidung des VG und weist die Beschwerde zurück. Die Antragstellerin habe schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Entscheidend ist:
- Ein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG besteht nur, wenn der Antragsteller überhaupt einen festsetzungsfähigen Antrag gestellt hat.
- Ein solcher Antrag lag hier nicht vor, weil der geplante Markt auch auf Flächen stattfinden sollte, über die die Antragstellerin tatsächlich nicht verfügen durfte.
- Die Festsetzung eines Marktes verpflichtet gemäß § 69 Abs. 2 GewO zur Durchführung – auch auf allen beantragten Flächen. Wer diese Pflicht mangels Verfügungsgewalt nicht erfüllen kann, stellt keinen genehmigungsfähigen Antrag.
Das Gericht betont, dass es Sache der Bewerber ist, vorab für die Flächenverfügbarkeit zu sorgen. Solange die Kommune den Markt nicht als eigene öffentliche Einrichtung betreibt, gelten nicht die vergaberechtlichen Maßstäbe des öffentlichen Auftragswesens. Auch die teilweise kommunale Beteiligung an der Beigeladenen ändert daran nichts: Sie bleibt eine rechtlich selbständige privatrechtliche Gesellschaft, welche den Markt eigenverantwortlich durchführt.
Das Gericht kommt daher zu dem klaren Ergebnis:
Wer sich um die Festsetzung eines privaten Marktes bewirbt, muss im Zeitpunkt der Antragstellung vollständig nachweisen, dass alle vorgesehenen Flächen verfügbar sind. Fehlt dieser Nachweis, ist der Antrag bereits aus Gründen des öffentlichen Interesses (§ 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO) abzulehnen.
Praxisempfehlung für Kommunen und private Veranstalter
Für Kommunen:
Stellen Sie klar, ob ein Markt als öffentliche Einrichtung betrieben wird oder – wie hier – allein per Antrag privater Veranstalter auf Festsetzung eines Marktes umgesetzt wird. Nur bei ersterem greifen vergaberechtliche Transparenz- und Gleichbehandlungsanforderungen. Bei rein privater Festsetzung eines Marktes bleibt es bei der Verantwortung des Antragstellers.
Für private Veranstalter:
Sichern Sie frühzeitig vertragliche Nutzungsrechte an sämtlichen vorgesehenen Flächen. Ohne belastbaren Nachweis der Verfügbarkeit ist der Antrag auf Festsetzung eines Marktes unheilbar unzureichend – und es entsteht kein Anspruch auf Beteiligung am Auswahlverfahren. Insbesondere bei attraktiven nicht-städtischen Flächen (Kirchplätze, private Grundstücke, Einkaufszentren) ist eine schriftliche Nutzungsgestattung zwingend.
Konkrete Empfehlung unserer Kanzlei:
Wer einen Markt, ein Stadtfest oder eine andere festsetzungsfähige Veranstaltung durchführen möchte, sollte bereits vor der Antragstellung eine vollständige Flächenstrategie entwickeln. Dies umfasst die Klärung aller Eigentumsverhältnisse, Nutzungsrechte und vertraglichen Bindungen. Wir empfehlen, einen Antrag auf Festsetzung eines Marktes rechtlich prüfen zu lassen, um Ablehnungen zu vermeiden und zugleich die kommunalen Vorgaben voll auszuschöpfen. Die Experten von AVANTCORE RECHTSANWÄLTE in Stuttgart unterstützen Sie mit anwaltlicher Beratung im Administrative law dabei, formal vollständige, rechtlich belastbare Anträge zu stellen und Ihre Marktchancen im Wettbewerb zu sichern.