Die Europäische Union wird zum 20. Juli 2025 ihre Plattform zur Online-Streitbeilegung (kurz: OS-Plattform) deaktivieren. Was dies konkret für Sie als Unternehmer bedeutet und warum dennoch Handlungsbedarf besteht, erläutern wir im Folgenden.

Was war die OS-Plattform?

Seit Inkrafttreten der ODR-Verordnung im Jahr 2016 diente die OS-Plattform der EU als zentrale Anlaufstelle zur außergerichtlichen Klärung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Online-Händlern innerhalb der EU. Ziel war es, langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden und eine einfache, digitale Lösung für Konflikte im Online-Handel zu schaffen. Die Teilnahme an der Streitbeilegung war für Händler zwar freiwillig, jedoch bestand eine gesetzliche Pflicht zur Verlinkung der OS-Plattform auf der eigenen Website.

Was ändert sich konkret?

Wegen geringer Nutzung wird der Betrieb der Plattform am 20. Juli 2025 eingestellt (siehe EU-Verordnung 2024/3228 vom 19. Dezember 2024). Beschwerden können noch bis einschließlich 20. März 2025 eingereicht werden. Bearbeitungen erfolgen bis zum 19. Juli 2025. Danach werden alle Daten, inklusive personenbezogener Informationen, gelöscht. Mit der Abschaltung entfällt auch die Pflicht, auf der eigenen Website einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen.

OS-Plattform EU Abschaltung

Was bedeutet das für Online-Händler?

Bisher konnte ein fehlender oder fehlerhafter Link zur OS-Plattform rechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen nach sich ziehen (vgl. z.B. OLG München, Urteil vom 22.09.2016, Az. 29 U 2498/16, LG Bochum, Beschluss vom 24.04.2017, Az. I-16 O 148/17). Diese Gefahr entfällt künftig. Dennoch sollten Unternehmen aktiv werden:

Handlungsempfehlungen für Unternehmen:

1. Bis 20. Juli 2025:

Behalten Sie bestehende Hinweise und Links zur OS-Plattform auf Ihrer Website, in AGB, und anderen Rechtstexten bei.

2. Ab 21. Juli 2025:

Entfernen Sie sämtliche Verweise auf die OS-Plattform auf Ihrer Website, in AGB, und anderen Rechtstexten konsequent.

3. Sonderfall: Abgegebene Unterlassungserklärung

Falls Sie in der Vergangenheit im Rahmen nach Erhalt einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung in Bezug auf die OS-Plattform abgegeben haben, prüfen Sie diese sorgfältig. Enthält sie keine auflösende Bedingung bei Änderung der Rechtslage, bleibt sie auch nach Wegfall der gesetzlichen Pflicht zunächst rechtlich bindend.

Wichtig: Auch wenn die gesetzliche Grundlage entfällt, bleibt die Verpflichtung aus der Unterlassungserklärung bestehen – es sei denn, Sie kündigen diese aktiv.

Zwar gelten Unterlassungsverträge grundsätzlich als „unkündbar“. Sie können jedoch gekündigt werden, wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen zugunsten des Unterlassungsschuldners geändert haben und die Abmahnung unter Berücksichtigung der geänderten Sachlage unberechtigt gewesen wäre, oder sich die Rechtslage, sei es durch eine Gesetzesänderung oder durch eine Änderung der Rechtsprechung, geändert hat und die Abmahnung unter Berücksichtigung der geänderten Rechtslage unberechtigt gewesen wäre. Der Wegfall der gesetzlichen Informationspflicht über die OS-Plattform stellt als Gesetzesänderung somit einen Kündigungsgrund dar. Sie macht es dem Unterlassungsschuldner unzumutbar, weiterhin an der vertraglichen Verpflichtung festzuhalten.

4. Nicht vergessen: § 36 VSBG weiterhin beachten!

Unabhängig von der Abschaltung der OS-Plattform bleibt die Informationspflicht nach § 36 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) bestehen. Unternehmen, die in der Regel mehr als zehn Personen beschäftigen, sind weiterhin verpflichtet, klar anzugeben, ob sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet sind, und ggf. auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen. Diese Information muss gut auffindbar auf der Unternehmenswebsite sowie in den AGB enthalten sein – auch nach dem 20. Juli 2025.

Fazit

Es handelt sich um einen Klassiker des Wettbewerbsrechts und Internetrechts. Das Thema ist den Stuttgarter Rechtsanwälten und Fachanwälten bei AVANTCORE Rechtsanwälte bestens bekannt.

Auch wenn mit der Abschaltung der OS-Plattform viele bekannte juristische Streitigkeiten wohl zu Grabe getragen werden können, stehen wir Ihnen gerne zu Ihren Fragen zum weiteren Umgang mit Ihren Informationspflichten zur Verfügung.

Insbesondere, wenn Sie in diesem Zusammenhang bereits wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten geführt und dabei eine Unterlassungserklärung abgegeben haben (siehe oben), kann die Rechtslage komplizierter sein als man auf den ersten Blick vermuten würde. Im Zweifel ist eine Beratung durch einen Anwalt mit entsprechender Expertise empfehlenswert, um kostspielige Schwierigkeiten zu vermeiden.