Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass LIDL Plus trotz Bezahlen mit Daten der Nutzer für die Teilnahme als kostenlos bezeichnet werden darf.

Preisangaben im Fernabsatz und das „Bezahlen mit Daten“

Im Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrecht gilt: Unternehmen müssen Verbraucher klar und verständlich über den Gesamtpreis informieren, wenn sie Waren oder Dienstleistungen im Fernabsatz anbieten. Diese Pflicht ergibt sich aus § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB. Seit Einführung des § 312 Abs. 1a BGB wird auch das sogenannte „Bezahlen mit Daten“ berücksichtigt. Gemeint ist die Bereitstellung personenbezogener Informationen durch den Verbraucher anstelle einer Geldzahlung.

Streit besteht jedoch darüber, ob personenbezogene Daten rechtlich tatsächlich wie ein „Preis“ behandelt werden müssen. Dürfen Unternehmen ihre Angebote als „kostenlos“ bewerben, wenn Nutzer zugleich ihre Daten preisgeben? Genau diese Frage hatte das OLG Stuttgart nun im Fall des Treueprogramms Lidl Plus zu entscheiden.

Darum ging es: Verbraucherzentrale gegen Lidl

Bezahlen mit Daten LIDL PlusDie Beklagte, die Lidl Stiftung & Co. KG, betreibt das Vorteilsprogramm „Lidl Plus“, bei dem registrierte Kunden über eine App personalisierte Angebote, Rabatte und Serviceleistungen erhalten. Für die Anmeldung müssen Teilnehmer personenbezogene Daten wie Name, Geburtsdatum, Telefonnummer und E-Mail-Adresse hinterlegen.

Die Teilnahmebedingungen enthielten den Hinweis: „Die Teilnahme an Lidl Plus ist kostenlos.“ Zugleich wurden die Nutzer in einem gesonderten Abschnitt ausführlich über die Verarbeitung ihrer Daten zu Marketing- und Analysezwecken informiert.

Ein Verbraucherverband beanstandete diese Gestaltung. Er argumentierte, die Bereitstellung personenbezogener Daten stelle eine Gegenleistung und damit einen Preis dar. Lidl hätte die Datenverarbeitung ausdrücklich als Preis angeben müssen. Zudem sei die Bewerbung als „kostenlos“ irreführend.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart

Das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 23.09.2025 – 6 UKl 2/25) wies die Klage ab. Nach Auffassung des Senats gilt folgendes:

  • Kein Preis im Rechtssinn: Der Begriff „Preis“ im deutschen Fernabsatzrecht wie auch im europäischen Verbraucherrecht bezieht sich ausschließlich auf Geldleistungen. Die Hingabe von personenbezogenen Daten ist kein Preis, sondern fällt unter die Informationspflichten der DSGVO.
  • Keine Pflicht zur Preisangabe: Lidl war daher nicht verpflichtet, die Datenbereitstellung als „Gesamtpreis“ oder Gegenleistung zu deklarieren. Eine Pflicht, Daten als Preis zu kennzeichnen, existiert nicht.
  • Keine Irreführung durch „kostenlos“: Da Verbraucher für die Nutzung kein Geld entrichten müssen und die Datenverarbeitung in den Teilnahmebedingungen transparent erläutert wird, ist die Bezeichnung „kostenlos“ rechtlich zulässig. Damit liegt beim Bezahlen mit Daten keine Täuschung über verdeckte Kosten vor.

Besonders betont das Gericht, dass der europäische Richtliniengeber bewusst eine Unterscheidung zwischen Geldleistungen und Datenhingabe vorgenommen habe. Ein umfassender Schutz der Verbraucher sei durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gewährleistet.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil ist von erheblicher Tragweite für alle Unternehmen, die digitale Geschäftsmodelle auf Datennutzung aufbauen und dabei auf das Bezahlen mit Daten setzen:

  • Anbieter digitaler Dienste dürfen ihre Leistungen weiterhin als „kostenlos“ bewerben, solange keine Geldzahlung verlangt wird und die Datenverarbeitung transparent nach Art. 13, 14 DSGVO dargestellt wird.
  • Verbraucherverbände können das „Bezahlen mit Daten“ aktuell nicht erfolgreich über das Fernabsatzrecht angreifen. Die Rechtsgrundlage hierfür wäre nur eine ausdrückliche gesetzliche Neuregelung.
  • Rechtssicherheit für Unternehmen: Das OLG stellt klar, dass „kostenlos“ nicht irreführend ist, wenn zwar Daten erhoben werden, diese aber in den Teilnahmebedingungen nachvollziehbar erläutert werden.

Gleichzeitig bleibt die Frage brisant: Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Damit könnte der Bundesgerichtshof die Rechtslage in den kommenden Jahren präzisieren!

Unsere Empfehlung

Unternehmen, die digitale Angebote oder Bonusprogramme betreiben, sollten folgende Punkte beachten:

  • Transparenz schaffen: Beschreiben Sie klar und verständlich, welche Daten erhoben und wie sie verarbeitet werden.
  • Datenschutzrechtliche Pflichten erfüllen: Die rechtlichen Anforderungen ergeben sich primär aus dem Datenschutzrecht, nicht aus dem Fernabsatzrecht.
  • „Kostenlos“ bleibt erlaubt: Solange kein Geld verlangt wird, dürfen Sie Ihr Angebot grundsätzlich als kostenlos bezeichnen – auch wenn eine Datenverarbeitung erfolgt. Das gilt zumindest nach der Ansicht des OLG Stuttgart und vorbehaltlich einer abschließenden Klärung durch den BGH. Entsprechende Slogans sollten daher gleichwohl regelmäßig überprüft werden.

Conclusion: Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit für digitale Geschäftsmodelle. Dennoch bleibt das Thema „Bezahlen mit Daten“ ein politisch wie rechtlich heiß diskutiertes Feld. Unternehmen sollten daher ihre Vertragsbedingungen und Datenschutzhinweise stets anwaltlich durch die Experten für Data protection law and Competition Law von AVANTCORE RECHTSANWÄLTE in Stuttgart prüfen lassen, um Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen.