Viele Grundstückseigentümer, Investoren oder Kommunen stehen regelmäßig vor der Frage: Warum ist das Bauen im Außenbereich so kompliziert?
Die Antwort liegt in einem komplexen Zusammenspiel aus baurechtlichen Schutzmechanismen, Umweltrecht und der verpflichtenden Planungstransparenz gegenüber der Öffentlichkeit. Eine wichtige Rolle spiele dabei insbesondere Beeinflussungen durch europarechtliche Vorgaben wie die SUP-Richtlinie (Strategische Umweltprüfung). Das zeigt exemplarisch eine aktuelle Entscheidung des VGH München (Urteil vom 12.05.2025 – 1 N 22.1934).
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Was ist der „Außenbereich“ – und warum ist das Bauen im Außenbereich besonders streng geregelt?
Das öffentliche Baurecht in Deutschland lässt sich grob in Bauordnungsrecht und Bauplanungsrecht unterteilen. Das Bauordnungsrecht regelt vereinfacht gesagt die Anforderungen an das Bauvorhaben und das Grundstück. Es ist größtenteils in den Landesbauordnungen der Bundesländer geregelt (zum Beispiel in der LBO Baden-Württemberg). Das Bauplanungsrecht regelt gemäß § 1 BauGB mit der übergeordneten Bauleitplanung die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde.
In der Bauleitplanung nach deutschem Baurecht ist der Außenbereich all das, was nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt und auch nicht zum sogenannten Innenbereich (also zur bestehenden geschlossenen Ortslage) gehört (§ 35 BauGB). Meist handelt es sich um landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder naturnah genutzte Flächen – kurz: um die freie Landschaft.
Das Bauen im Außenbereich ist aus mehreren Gründen rechtlich eingeschränkt:
- Schutz der natürlichen Umwelt und des Landschaftsbildes
Der Außenbereich soll nicht zersiedelt werden – sowohl aus ökologischen Gründen als auch, um die landwirtschaftliche Nutzung nicht zu beeinträchtigen. - Vermeidung sogenannter „Splittersiedlungen“
Unkontrollierte Einzelbebauung außerhalb von Ortschaften würde langfristig zu erhöhten Erschließungskosten, Umweltbelastungen und Strukturproblemen führen. - Vorrang der öffentlichen Interessen vor privaten Bauwünschen
Nur bestimmte privilegierte Bauvorhaben (zum Beispiel von Landwirten für ihre Betriebe) sind im Außenbereich zulässig.
Für die Schaffung von Baurecht im Außenbereich muss daher ein Bebauungsplan erstellt werden – oft im beschleunigten Verfahren, aber unter strengen rechtlichen Voraussetzungen.
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Besondere Herausforderung beim Bauen im Außenbereich: Umweltprüfung und SUP-Richtlinie
Wer im Außenbereich Baugebiete entwickeln will, muss regelmäßig eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchführen – geregelt durch die EU-Richtlinie 2001/42/EG („SUP-Richtlinie“). Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bei der Aufstellung von Plänen und Programmen – also auch Bebauungsplänen – die Umweltauswirkungen systematisch zu prüfen and die Öffentlichkeit zu beteiligen.
Was bedeutet das konkret?
- Vor jeder Bauleitplanung muss geprüft werden, ob das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf Umwelt, Natur, Wasser, Luft, Klima oder das Landschaftsbild haben kann.
- Wird entschieden, keine Umweltprüfung durchzuführen, muss die Öffentlichkeit umfassend informiert werden, einschließlich einer Begründung dieser Entscheidung.
- Eine bloße Mitteilung „Es werden keine erheblichen Umweltauswirkungen erwartet“ genügt rechtlich nicht. Es muss offengelegt werden, warum dies so eingeschätzt wird – transparente Entscheidungsbegründung ist Pflicht.
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Was passiert, wenn diese Anforderungen nicht erfüllt werden?
Ein aktuelles Beispiel zeigt die Folgen: Soeben erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der erwähnten Entscheidung vom 12.05.2025 einen Bebauungsplan für unwirksam, weil die Gemeinde es versäumt hatte, die Gründe für den Verzicht auf eine Umweltprüfung ordnungsgemäß bekanntzumachen. Die Unterlagen wurden nur teilweise oder gar nicht an allen vorgeschriebenen Gemeindetafeln veröffentlicht – ein klarer Verstoß gegen Bundes- und EU-Recht.
Die Folge: Der gesamte Bebauungsplan wurde für rechtswidrig und damit unwirksam erklärt. Für die betroffene Kommune bedeutete das: erheblicher Zeitverlust, erneuter Planungsaufwand – und rechtliche Unsicherheit für alle Investoren und Grundstückseigentümer.
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Was bedeutet das Urteil?
Wer als Grundstückseigentümer, Investor oder Kommune ein Projekt im Außenbereich plant oder mit einer neuen Wohnbebauung konfrontiert ist, muss auf höchste Sorgfalt im Verfahren achten:
- Frühzeitige Prüfung, ob Umweltprüfungen erforderlich sind
- Transparente Dokumentation der Entscheidungsfindung
- Sorgfältige, ortsübliche Bekanntmachung der Planunterlagen – auch in formaler Hinsicht
AVANTCORE Lawyers in Stuttgart kann Sie hier mit Know-How und Expertise im Verwaltungsrecht im gesamten Verfahren unterstützen – sei es auf Seiten der Projektentwickler, die ein rechtssicheres Planverfahren anstreben, oder auf Seiten der Betroffenen, die sich gegen mögliche Beeinträchtigungen durch neue Bauvorhaben zur Wehr setzen wollen.
Fazit
Bauen im Außenbereich ist nicht generell verboten. Es handelt sich aber um einen rechtlich anspruchsvollen Ausnahmefall. Ohne saubere Verfahrensführung, insbesondere bei umweltrechtlichen Fragen und der öffentlichen Beteiligung, droht jedem Bebauungsplan das Scheitern.