Im Streit um vermeintlich nachgeahmten Designerschmuck hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Az. 15 U 43/24) die Klage einer Modeschmuckherstellerin auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Nachahmung abgewiesen. Die Entscheidung präzisiert, was beim wettbewerbsrechtlichen Schutz von Produktgestaltungen zulässig ist – und wo die Grenzen liegen.

Die Klägerin, eine bekannte Herstellerin von Modeschmuck, hatte gegen die Beklagte – ein Unternehmen, das ähnliche Schmuckstücke über Onlineplattformen vertreibt – wegen unlauterer Nachahmung ihrer bekannten „Geo-Cube“-Halsketten geklagt. Die Klage basierte auf dem Vorwurf, dass drei von der Beklagten angebotene Ketten nahezu identische Kopien ihrer Kernmodelle seien. Die Klägerin stützte sich dabei auf § 4 Nr. 3 UWG in Verbindung mit §§ 3, 8 UWG.

Das Landgericht Hamburg hatte der Klage zunächst teilweise stattgegeben. Das OLG Hamburg hob dieses Urteil nun jedoch auf und wies die Klage vollständig ab.

Das Gericht erkannte zwar grundsätzlich an, dass die Ketten der Klägerin eine gewisse wettbewerbliche Eigenart besitzen – insbesondere durch die charakteristische Kombination aus geometrischen Elementen, hochwertigen Materialien und einer markanten Symmetrie in der Gestaltung. Diese Eigenart sei jedoch nur durchschnittlich ausgeprägt.

Nachahmung Schmuckdesign Halskette

Entscheidend war für das OLG die Abgrenzung zwischen gestalterischer Idee and konkreter Umsetzung: Die Idee, geometrische Elemente (Würfel, quadratische Plättchen, Strassrondelle) in abwechselnder Reihenfolge auf eine Kette zu ziehen und durch dünne Zylinder zu trennen, sei nicht schutzfähig. Nur die spezifische Kombination und Ausführung könne unter Umständen wettbewerbsrechtlichen Schutz genießen.

Was ist für wettbewerbsrechtlichen Schutz vor Nachahmung erforderlich?

Zudem liege bei den streitgegenständlichen Kettenmodellen der Beklagten keine nahezu identische, sondern allenfalls eine nachschaffende Nachahmung vor. Das OLG stellte klar: Bei nur durchschnittlicher Eigenart des Originals und bloß nachschaffender Annäherung des Nachahmungsprodukts müssten weitere Umstände – etwa eine relevante Herkunftstäuschung oder unangemessene Rufausnutzung – hinzukommen, damit ein Wettbewerbsverstoß vorliege. Diese fehlten im vorliegenden Fall.

Die Klägerin konnte nach Auffassung des Senats nicht ausreichend darlegen, dass ihre Ketten sich in relevanter Weise vom Marktumfeld abheben oder über eine überdurchschnittliche Bekanntheit verfügen. Die von der Beklagten vorgelegten „Entgegenhaltungen“ – also ähnliche, teils bereits vor dem Kollisionszeitpunkt im Handel befindliche Produkte – reichten aus, um Zweifel an einer gesteigerten Eigenart zu wecken. Dabei stellte das Gericht klar, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass diese Entgegenhaltungen entweder bedeutungslos oder unzutreffend seien – was sie nicht überzeugend leisten konnte.

Auch das Argument einer möglichen Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 a) UWG) verwarf das OLG: Die klare Preis- und Qualitätsdifferenz der Produkte, der Verkauf über andere Kanäle (z. B. otto.de statt Juweliergeschäfte) und eine offensichtliche Herstellerkennzeichnung („tr.schmuck“) sprächen gegen eine Gefahr der Warenverwechslung.  Des Weiteren erkannte das OLG auch keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des klägerischen Schmucks, § 4 Nr. 3 b) UWG).

Fazit und Auswirkungen für die Rechtspraxis

Das Urteil des OLG Hamburg ist ein deutliches Signal an Produktdesigner und Markenhersteller: Nicht jede gestalterische Idee ist schutzfähig, selbst wenn sie erfolgreich vermarktet wurde. Entscheidend für einen Schutz nach dem UWG ist stets die konkrete Ausformung und der Grad der Eigenart, ergänzt um weitere unlautere Umstände wie eine klare Herkunftstäuschung.

Für Unternehmen bedeutet das: Wer gegen vermeintliche Nachahmungen vorgehen will, muss nicht nur die Verletzung detailliert darlegen, sondern auch das Marktumfeld genau analysieren und belegen können, dass eine überdurchschnittliche Bekanntheit oder ein deutlicher Abstand zu anderen Produkten besteht.

Umgekehrt schützt das Urteil Wettbewerber davor, für bloße Designanleihen haftbar gemacht zu werden, solange sie sich an der allgemeinen Gestaltungsidee orientieren und diese eigenständig umsetzen. Der Nachahmungsschutz bleibt damit ein Ausnahmetatbestand, der enge Voraussetzungen hat und nur in klar gelagerten Fällen greift.

Unternehmen, die auf dem hart umkämpften Markt für Mode- und Markenschmuck tätig sind, sollten ihre Produkte nicht nur kreativ gestalten, sondern auch frühzeitig an eine rechtssichere Absicherung durch Designschutz oder Markenanmeldung denken – denn auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz allein sollte man sich nicht verlassen.

Die auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Fachanwälte von AVANTCORE stehen Ihnen bei Fragen zum wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz oder dem Schutz durch eingetragene Marken und Designs gerne zur Verfügung.