Durch die Aufstellung von Geldspielgeräten trifft das Glücksspielrecht moderne Freizeitwelten
Die Glücksspielregulierung steht seit Jahren im Spannungsfeld zwischen klassischen Gaststätten und modernen Freizeit-Einrichtungen. Betreiber von Bowlingbahnen, Trampolinhallen, Indoor-Sportparks oder Multiplayer-Entertainmentcentern glauben häufig, durch die Integration einer Gaststätte die Voraussetzungen für die Aufstellung von Geldspielgeräten nach § 33c GewO zu erfüllen. Das Verwaltungsgericht Berlin setzt hier jedoch klare Grenzen: Freizeit- und Sporteinrichtungen bleiben ungeeignete Aufstellungsorte – selbst wenn ein gastronomischer Bereich mit eigenständiger Erlaubnis existiert.
Das Urteil des VG Berlin vom 11.11.2025 – 4 K 28/25 – verdeutlicht einmal mehr die strenge, jugendschutzorientierte Linie der Rechtsprechung. Für Aufsteller und Betreiber ist es ein wichtiges Signal: Der Schwerpunkt des Betriebs entscheidet – nicht die Existenz einer Theke.
Der Fall: Streit um die Aufstellung von Geldspielgeräten in einer Berliner Bowlinganlage
Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Automatenaufsteller zwei Geldspielgeräte im gastronomischen Bereich einer großen Berliner Bowlinganlage weiter betreiben. Die Betriebsstätte umfasste 28 Bowlingbahnen, Billardtische, Dartanlagen sowie weitere Unterhaltungsautomaten – ein klassisches Bowling- und Freizeitcenter mit angeschlossener Gaststätte. Die Aufstellung von Geldspielgeräten erfolgte dort bereits im Jahr 2001; der neue Betreiber begehrte jedoch eine aktuelle Geeignetheitsbestätigung nach § 33c GewO.
Das zuständige Bezirksamt lehnte ab. Die Begründung: Der Betrieb sei eine Freizeitsporteinrichtung und damit kein zulässiger Aufstellungsort nach der Spielverordnung (SpielV). Der Kläger hielt dagegen: Die Gaststätte überwiege wirtschaftlich und flächenmäßig, es bestehe faktischer Bestandsschutz, und die heutigen Jugendschutzmaßnahmen (u. a. OASIS-Abfrage, Videoüberwachung, geschultes Personal) sprächen für eine Genehmigung.
Rechtliche Erwägungen des VG: Warum die Bowlingbahn keine Gaststätte im Sinne der SpielV ist
Das VG Berlin bestätigt die Ablehnung der Aufstellung von Geldspielgeräten mit einer ausführlichen und differenzierten Begründung.
Dominanz der Freizeitnutzung – „Bowlingbahn“ als prägende Betriebsart
Nach Auffassung des Gerichts überwiegt eindeutig der Charakter einer Freizeitsportanlage. Es verweist insbesondere auf:
- die Gaststättenerlaubnis, die ausdrücklich die Betriebsart „Bowlingbahn“ ausweist,
- den Internetauftritt, der den Sport- und Unterhaltungsbetrieb massiv hervorhebt,
- die klare optische Dominanz der Bowlingbahnen gegenüber dem gastronomischen Bereich.
Damit handle es sich nicht um eine Schank- oder Speisewirtschaft, in der lediglich ergänzend Geldspielgeräte stehen dürften, sondern um einen Bowlingbetrieb, dessen Gaststätte annexartig ist. Für die Spielverordnung ist jedoch der Schwerpunkt der Betriebsart entscheidend.
Der „Sporthallen“-Tatbestand: Weit auszulegen – auch für Freizeitbowling
Besonders wichtig: Das Gericht qualifiziert die Bowlinganlage als Sporthalle im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 SpielV. Diese Norm enthält ein ausdrückliches Aufstellungsverbot.
Die Argumentation:
- „Sporthalle“ umfasst alle Einrichtungen, die der sportlichen Betätigung dienen – auch Freizeitbowling.
- Auch Nicht-Wettkampfbetrieb ist Sport im Sinne der SpielV.
- Zusätzliche Angebote wie Billard oder Automatenspiele verstärken den Sport- und Vergnügungscharakter.
Damit greift das gesetzliche Aufstellungsverbot unmittelbar.
Jugendschutz als tragender Schutzzweck – Möglichkeit des Zugangs genügt
Ein zentrales Element der Entscheidung ist der Jugendschutz, der Kernzweck der Spielverordnung. Das Gericht betont:
- Kinder und Jugendliche haben regelmäßig freien Zugang zu Bowlingbahnen.
- Der Internetauftritt des Centers richtet sich ausdrücklich an Kindergeburtstage und Schulklassen.
- Schon die Möglichkeit des jugendlichen Zugangs reicht aus, um die Aufstellung zu verbieten.
Moderne Schutzmaßnahmen wie OASIS, Videoüberwachung oder Präventionsmaterialien ändern daran nichts – die örtliche Ungeeignetheit bleibt bestehen.
Kein Bestandsschutz: Jede Geeignetheitsbestätigung ist personenbezogen
Der Kläger berief sich auf eine bis heute unbeanstandete Geeignetheitsbestätigung aus 2001. Das Gericht jedoch stellt klar:
- Die Geeignetheitsbestätigung ist keine objektbezogene Erlaubnis.
- Sie ist personengebunden – jeder neue Aufsteller benötigt eine eigene Bestätigung.
- Früher erteilte Bescheide entfalten keine rechtliche Bindungswirkung.
Selbst ein jahrzehntelanger Gerätebetrieb schützt also nicht vor der geltenden Rechtslage.
Ergebnis: Der Aufstellungsort ist unzulässig – Klage abgewiesen
Das VG Berlin weist die Klage vollumfänglich ab. Der Aufstellungsort ist für die Aufstellung von Geldspielgeräten nicht geeignet, weil:
- keine echte Speise- oder Schankwirtschaft vorliegt,
- die Anlage eine Sporthalle im Sinne der SpielV ist,
- der Jugendschutz massiv betroffen ist,
- keine Vertrauensschutzposition besteht.
Folgen für die Praxis: Deutliche Warnung an Betreiber von Freizeit- und Sportanlagen
Das Urteil fügt sich nahtlos in die restriktive Linie der Rechtsprechung ein und hat erhebliche Relevanz für die gesamte Branche.
Wesentliche Konsequenzen:
- Bowlingcenter, Trampolinhallen, Billardhallen, Indoor-Arenen und vergleichbare Freizeitstätten sind nahezu immer ungeeignete Aufstellungsorte.
- Ein kleiner gastronomischer Bereich reicht nicht aus, um den Betrieb in eine Schankwirtschaft „umzuwidmen“.
- Selbst ein professionelles Jugendschutzkonzept beseitigt das raumbezogene Verbot nicht.
- Altbestände sind nicht geschützt – jeder Betreiberwechsel erfordert eine neue Prüfung.
Für Behörden ist das Urteil eine Bestätigung, Anträge zur Aufstellung von Geldspielgeräten in Freizeitsportanlagen konsequent abzulehnen.
Empfehlung für Betreiber und Automatenaufsteller: Frühzeitig rechtlichen Rat einholen
Wer in Freizeit- oder Sporteinrichtungen Geräte betreiben möchte oder bereits betreibt, sollte jetzt handeln. Die Anforderungen der Gewerbeordnung und der Spielverordnung werden durch die Gerichte streng ausgelegt. Fehlerhafte Standortentscheidungen bei der Aufstellung von Geldspielgeräten führen zu:
- wertlosen Investitionen,
- empfindlichen Einnahmeverlusten,
- möglichen ordnungsrechtlichen Maßnahmen bis hin zur Betriebsuntersagung.
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Über Entscheidungen zum Glücksspielrecht haben wir bereits mehrfach berichtet:
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